Festliches Weltkulturerbe

Der Titicacasee ist ein mächtiges Symbol für das, was Bolivien ausmacht: ein bevorzugtes Reiseziel, ein Land ohne Zugang zum Meer, aber voller Naturwunder, die Wiege zahlreicher Ureinwohner-Kulturen. 70 Kilometer von der Stadt La Paz entfernt und 300 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, ist dieser See die höchste schiffbare Wasserfläche der Welt und der heilige Ort der Inkas, an dem der Legende nach das Inkareich geboren wurde, das die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert zerstörten.

Sechs Jahrhunderte später zog Bolivien die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf sich, als es 2006 den ersten indigenen Präsidenten seiner Geschichte wählte. Evo Morales wurde zum Symbol des Wandels, ein Anführer vom Land, genauer: von Kokaplantagen. Die Koka-Pflanze wird traditionell wegen ihrer medizinischen Eigenschaften verwendet. Die große Herausforderung besteht jedoch darin, zu verhindern, dass legale Kokakulturen zu Lieferanten illegaler Kokainlaboratorien werden. Leider war Evo Morales' Regierung – das kommt in Lateinamerika immer wieder vor – in Korruptionsskandale verwickelt und verhielt sich zunehmend diktatorisch. Das führte zur aktuellen politischen Krise, in der Morales zurücktrat.

Viele Touristen berichten nach ihrer Heimkehr, geblendet von den bolivianischen Anden und tropischen Landschaften, berührt von der Herzlichkeit ihrer Bewohner, dass sie ein Land gefunden haben, in dem Schönheit und Armut nebeneinander existieren. Zu Armut, Ausgrenzung, Marginalisierung, mangelndem Zugang zu Bildung und Gesundheit kommen noch schwerwiegendere Probleme wie sexuelle Gewalt. Die Situation der Frauen in Bolivien – wie generell in Lateinamerika – ist nach wie vor beklagenswert. Gründe dafür sind die noch aus der Kolonialzeit stammenden patriarchalischen Strukturen, Armut und die Sexualisierung weiblicher Körper durch Medien und Werbung.

Im außergewöhnlichen natürlichen und kulturellen Reichtum Boliviens haben mehrere Sprachen und Traditionen überlebt, darunter mehr als dreißig indigene Völker. Allerdings ist ihr Überleben in Gefahr: durch die Globalisierung, den Bergbau und in jüngerer Zeit die verheerenden Waldbrände. Viele Traditionen der indigenen Bevölkerung haben sich seit der Kolonialzeit mit denen der Spanier vermischt. Deswegen hat sich eine große Vielfalt an Kleidungsstilen, Tänzen und Bräuchen bewahrt. Diese Verschmelzung spiegelt sich in zahlreichen folkloristischen Festen wider. Dazu zählen der Karneval von Oruro, die Entrada del Gran Poder in La Paz, der Einzug der Jungfrau von Urkupiña in Cochabamba und das Chutillos-Fest in Potosí. Der Karneval von Oruro und das Fest Ichapenkene Pesta wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.