Ein Manifest: Wütend und poetisch

Während der Pandemie wohnt Tiziano Cruz in Buenos Aires, seine Mutter im Norden Argentiniens. Weil er aufgrund der Sperrungen nicht zu ihr reisen kann, schreibt er ihr Briefe – und auf 58 dieser Briefe basiert seine beeindruckende Performance "Soliloquium". Als indigener Künstler, der in der Provinz Jujuy geboren ist und nicht in der sich selbst als weiß definierenden Hauptstadt, formuliert Cruz wütend und eindrücklich eine tiefgehende Kritik an rassistischen und strukturell diskriminierenden Unterdrückungsmechanismen – auch und gerade im Kulturbereich. Indem er das Private zum Hochpolitischen macht, fragt er nach der Bedeutung seines Körpers in einer Gesellschaft, in dem Körper wie er nicht existieren sollen. "Soliloquium" ist ein Manifest, analytisch wie poetisch – und Cruz findet eine klare und schmerzlich nachhallende Visualität für Jahrhunderte des Missbrauchs, der Ausgrenzung und Ungerechtigkeit.

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