Normalización (Normalisierung)
El Ciervo Encantado
Lázaro und César Saavedra Nande leben bis heute auf Kuba. Die Dringlichkeit der Situation ihres Landes inmitten einer scheinbar endlosen Wirtschaftskrise und eines Massenexodus bringen sie mit ihrer Performance "Normalización" (Normalisierung) auf die Bühne. Der Titel bezieht sich auf das Konzept der "Hypernormalisierung": Jeder in der späten Sowjetunion wusste, dass das System zusammenbricht, aber niemand konnte sich eine Alternative zum Status quo vorstellen, so dass Politiker wie Bürger so taten, als würden System und Gesellschaft weiter funktionieren. Diese allgemein akzeptierte Täuschung wurde zur Realität, und diesen Effekt nannte Alexei Yurchak Hypernormalisierung.
Mit dunkler Sonnenbrille zappt César sich durch die Kanäle des nationalen Fernsehens, die statt der Krisen lieber Fiktionen zeigen. Die Stimmen der Balseros (Kubaner*innen, die versuchen, auf Flößen übers Meer zu fliehen) sind ebenso zu hören wie die Stimmen derjenigen, die zu Fuß den Darién-Dschungel durchqueren wollen. Ein einzigartiges wie verstörendes Stück, das von gründlichen Recherchen und der Ausdruckskraft seiner Darsteller lebt.
Nelda Castillo gilt als eine der bedeutendsten Regisseurinnen des kubanischen Theaters. 1996 grün dete sie El Ciervo Encantado als interdisziplinäres Labor, dessen Arbeiten sich im Grenzbereich zwischen Ritual, Körperkunst, Happening, Inszenierung, Installation und "Artivismus" (politischer Aktivismus mit Mitteln der Kunst) bewegen.
Normalización
El Ciervo Encantado
Europäische Erstaufführung
mit deutschen Übertiteln
Regie: Nelda Castillo / Mit: Lázaro und César Saavedra Nande / Beratung: Mariela Brito / Licht: Hermes Vergara, Alberto Gutiérrez / Produktion: El Ciervo Encantado
Dauer: 55 Minuten